Wie du entspannt deinen Feierabend genießt – ohne an Schule zu denken


Inhaltsverzeichnis
Wellbeing am Arbeitsplatz Schule? Nicht für Lehrkräfte
„Ich darf ja auch Ansprüche haben, wie ich mir meinen Arbeitsplatz wünsche. Und es ist wichtig, dass ich mich hier in der Schule wohlfühle. Das ist mir erst durch den Workshop so richtig bewusst geworden …“
Das ist das Fazit einer Schulleiterin, nachdem ich sie und ihr Team mehrere Monate begleitet habe auf dem Weg zur Pausenfreundlichen Schule.
Ich habe 25 Jahre als Lehrerin gearbeitet, war als Seminarausbilderin und Moderatorin der Lehrkräftebildung in unzähligen Schulen unterwegs. Heute unterstütze ich Schulen dabei, eine neue Pausenkultur zu entwickeln.
Ich kenne den durchgetakteten, lauten und prallvollen Unterrichtsmorgen. Und wo auch immer ich war, sind mir vor allem zwei Aspekte aufgefallen: In vielen Schulen gibt es richtig gute Konzepte für das „Wellbeing“ von Schüler:innen. Wir werden zum Glück immer sensibler dafür, dass die Kinder und Jugendlichen als ganze Menschen da sind – mit all ihre Bedürfnissen. Und dass Lernen nur dann gelingt, wenn sie sich rundum wohlfühlen.
Und wie ist das mit den Lehrer:innen? Wie steht es um das Wohlbefinden der Menschen, die in der Schule täglich einen hochkomplexen und gesellschaftlich extrem relevanten Job machen?
Mit Freude unterrichten, gerne in Kontakt sein mit Schüler:innen und Kolleg:innen – das gelingt mir als Lehrerin am besten, wenn ich mich wohlfühle in der Schule. Wenn Schule nicht nur ein Arbeitsplatz ist, sondern ein Lebensraum.
In den meisten Schulen, die ich kennengelernt habe, fehlen aber noch Gesundheitskonzepte, die alle am Schulleben Beteiligten mit einbeziehen.
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Mehr InformationenLehrkräfte: Pausen-los im Einsatz
Die Schulpausen sind dafür ein guter Indikator: Über 80% der Lehrkräfte fühlen sich stark belastet durch die fehlende Möglichkeit, sich in der Schulpause zu erholen.
Wer von außen auf den Schulalltag schaut, kann das vermutlich nicht nachvollziehen: Schließlich gibt es doch jede Menge Pausen im Laufe eines Morgens. Was tun denn Lehrkräfte eigentlich in dieser Zeit?

Im Rahmen meiner „Pausenfreundliche Schule“-Workshops habe ich dazu inzwischen über 700 Kolleg:innen verschiedener Schulformen befragt.
Das Ergebnis: Wenn morgens in der Schule die Pause beginnt, dann ist das vor allem eine Pause für die Schüler:innen.
Für Lehrkräfte sind Schulpausen übervoll mit weiteren Aufgaben: Sie führen Aufsicht, sprechen mit Schüler:innen, kopieren Materialien oder wechseln in einen anderen Raum für die nächste Unterrichtsstunde.
Auf dem Papier schaffen es manche sogar, die Stunde zu beenden und eine Minute später die nächste Stunde zu beginnen – am anderen Ende des Schulgebäudes.
Da bleibt nur wenig Zeit für Erholung oder ein nettes Gespräch mit Kolleg:innen.
In meiner Umfrage zur Hitliste der Pausen-Aktivitäten landet „Entspannen“ daher auf dem vorletzten Platz.
Und viele Workshop-Teilnehmende berichten, dass sie es noch nicht einmal schaffen, zur Toilette zu gehen oder das mitgebrachte Butterbrot zu essen.
Schulpausen haben nichts zu tun mit Regeneration, Abschalten, Umschalten, Nichtstun. Stattdessen steigt der Stresslevel messbar: In den Schulpausen erhöht sich die Pulsfrequenz von Lehrkräften – ein klares Anzeichen für hohe psychophysische Belastung.
Lehrer:in sein – da wirft dir jemand 100 Bälle zu und sagt: „Fang sie alle!“

Aufgabenfülle und enormer Zeitdruck – so sieht der Schulmorgen für einen Großteil der Lehrer:innen aus.
An Pausen ist da kaum zu denken. Und wer dann doch mal ein paar Minuten hätte, um sich eine kleine Auszeit zu gönnen, stößt auf ein weiteres Problem: In den meisten Schulen fehlen Rückzugsmöglichkeiten und passende Räume.
Was in der modernen Arbeitswelt selbstverständlich ist, um Unternehmen attraktiv zu machen, davon können Lehrkräfte in deutschen Schulen nur träumen: Ruhezonen, ein schön gestaltetes Teamzimmer, eine gemütliche Sitzecke.
In meinen Workshops erlebe ich an dieser Stelle häufig Resignation: Man findet sich damit ab, dass Schule eben so ist. Und verschiebt die Pausen auf den Nachmittag.
Dabei wären regelmäßige, erholsame Pausen ein wichtiger Schlüssel zu mehr Wohlbefinden im Schulalltag. «Mehrere kurze Pausen haben nachweislich einen stärkeren Erholungswert als eine lange Pause», sagt dazu Norbert Semmer, Arbeits- und Organisationspsychologe.

Für ihren pausen-losen Einsatz zahlen Lehrkräfte einen hohen Preis.
Die stundenlange Anspannung äußert sich in körperlichen, mentalen und emotionalen Symptomen: Kopf- und Rückenschmerzen, Herzklopfen und Schwitzen, Gereiztheit und Müdigkeit gelten als „ganz normale“ tägliche Begleiter.
Im Workshop gestehen viele Lehrkräfte, dass sie die „Pausen-Signale“ ihres Körpers sogar bewusst unterdrücken oder sie als lästig empfinden, denn sie wollen „einfach funktionieren“.
Manche verzichten z.B. den ganzen Vormittag darauf, etwas zu trinken – weil sie wissen, dass sie keine Zeit finden, zur Toilette zu gehen.
„Wenn ich nach Hause komme, geht gar nichts mehr.“
Viele Kolleg:innen berichten auch, dass sie in der Schule gar nicht spüren, dass sie eine Pause brauchen – sondern erst nachher: „Wenn ich nach Hause komme, geht manchmal gar nichts mehr.“
Woran liegt das?
Hier zeigen sich die Auswirkungen des Faktors Crowding, der noch viel zu wenig bekannt ist: Die permanente Flut von Sinneseindrücken aller Art und die intensive Interaktion mit anderen Menschen.
Lehrkräfte sind müssen ständig präsent sein: Sie müssen reagieren, etwas regeln, organisieren. Der Fokus verschiebt sich nach außen, auf die Bedürfnisse der anderen. Zusätzlich ist der Schulalltag laut, überall ist es voll, ständig gibt es etwas zu sehen und zu beobachten: All das führt zur Überstimulation des Nervensystems verbraucht jede Menge Energie.
Wenn dann auch noch Rückzugsmöglichkeiten fehlen, nutzt der Körper eine Überlebensstrategie: Die Selbstwahrnehmung wird gedämpft, um all die Sinnesreize nicht mehr fühlen zu müssen, um trotz und mit allem noch funktionieren zu können.
Und genau diese Strategie führt kurzfristig dazu, dass Lehrkräfte im Schulalltag ihre eigenen Bedürfnisse kaum noch spüren, seien es Hunger und Durst oder das Bedürfnis nach Ruhe. Langfristig kann diese Strategie zu chronischen Stresserkrankungen und Burnout führen.
Die komplette Erschöpfung am Ende des Schultages zeigt: Der Körper kann das Bedürfnis nach Pause und Entspannung nicht aufschieben.
Eine neue Pausenkultur in der Schule – wo anfangen?
Ein unterstützendes Umfeld ist mindestens genauso wichtig wie das persönliche Pausen-Knowhow. Im Workshop bringt es eine Lehrerin auf den Punkt: „Ich kann mich in dem Gewusel doch nicht hinsetzen und in Ruhe mein Butterbrot genießen.“
Deshalb geht es vor allem um ein „Pausen-Mindset“ im Team.
Pausen sind wertvoll – und kein unnötiger Luxus. Und das gilt für alle, die im Lebensraum Schule zusammenkommen!
Wenn diese Grundhaltung da ist, dann kann ich mir als Lehrer:in die Pausen gönnen, die ich brauche.
Und dann können wir als Schulgemeinschaft genug Energie aufbringen, pausenfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Dafür starten wir mit einem Wunschkonzert: Was brauche ich, was brauchen wir, damit erholsame Schulpausen möglich werden?

Manchmal setzt da die Ernüchterung ein. Denn die Schulteams, die ich begleite, arbeiten oft in maroden Schulgebäuden und haben mit Personalmangel zu kämpfen.
Einen Etat für das „Wellbeing von Lehrkräften“ gibt’s in der Regel nicht. Noch nicht!
Und doch ist es wichtig, sich erst einmal Klarheit zu verschaffen: Unter welchen Bedingungen kann ich mich zwischen den anstrengenden Unterrichtsstunden am besten erholen?
Und auch wenn der schön gestaltete Ruheraum, ein Massagesessel oder Zusatzpersonal für die Pausenaufsichten vielleicht erstmal noch Zukunftsmusik bleiben – das alles sind berechtigte Wünsche. Es ist an der Zeit, dass wir Ansprüche an den Arbeitsplatz Schule stellen, damit sich zukünftig etwas ändern kann.
Im Workshop konzentrieren wir uns auf das, was auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen in dieser Schule machbar ist. Wo ist unser Handlungsspielraum?
In diesem Beitrag habe ich 10 Tipps zusammengestellt für Schulteams, die ein gesundheitsförderliches Umfeld gestalten möchten.
Moderner Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lehrkräfte
Das sind einige Ansatzpunkte, wie Schulen allmählich eine neue Pausenkultur entwickeln können – auch unter oftmals (noch) ungünstigen Rahmenbedingungen.
Kleine Pausen im Schulalltag sind ein erster Schritt in diese Richtung. Sie ermöglichen Lehrkräften Achtsamkeit für sich selbst und ihr Gegenüber, bringen Präsenz und Klarheit in den Unterricht und können langfristig Gesundheit und die Freude an Arbeit erhalten.
„Lehrer:innen benötigen einen modernen Arbeits- und Gesundheitsschutz, weil sie hohe Anforderungen zu bewältigen haben und einen erheblichen Beitrag zum gesellschaftlichen Gemeinwohl leisten.“ Das fordert Dr. Reingard Seibt, die Projektleiterin der ersten bundesweiten Studie zur Lehrer:innenarbeit.
Ich wünsche mir, dass die Sorge für das Wohlbefinden von Lehrerkräften bei der Planung von Schulgebäuden und der Gestaltung des Schulalltages in den Fokus der Politik rückt – denn auch darin drückt sich Wertschätzung aus.

Wer schreibt hier eigentlich?
Hallo, ich bin Martina Schmidt, Expertin für Burnout-Prävention, Coachin, Resilienztrainerin und Ex-Lehrerin.
Ich unterstütze dich dabei, den Druck aus deinem Schulalltag herauszunehmen. Damit du gesund bleibst und mehr Energie hast für die Dinge, die dir am Herzen liegen.
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